Das Thema Zucker und Zucker-Alternativen treibt irgendwie alle um, die sich mit ihrer Ernährung beschäftigen. Denn jeder von uns weiß, dass zu viel Zucker ungesund ist und trotzdem mögen wir ja doch alle ganz gerne süß… Das ist übrigens angeboren, denn gleich die erste Mahlzeit unseres Lebens – die Muttermilch – schmeckt leicht süßlich. Und in Zeiten, in denen die Menschen ihre Mahlzeiten noch jagen und sammeln mussten, waren süße Beeren, Früchte und Wurzeln immer gefahrlos essbar. Bei bitteren Pflanzen dagegen musste man aufpassen, denn diese konnten auch schon mal giftig sein. Süßes war also „safe“.
Heute können wir unser Essen schon lange so süß machen wie wir wollen. Dem Zucker sei Dank. Leider hat der hohe Zuckerkonsum in den Industriegesellschaften jedoch dazu geführt, dass wir uns eine Reihe hässlicher Krankheiten eingehandelt haben (Adipositas, Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Fettstoffwechselstörungen, Karies). Aus diesem Grund versuchen viele Menschen auf alternative Süßungsmittel auszuweichen.
Doch sind diese Zucker-Alternativen tatsächlich gesünder als raffinierter Zucker?
Wenn man so im Internet rumsurft, dann findet man haufenweise Artikel, die genau das behaupten. Grund genug für mich, die verschiedenen Zucker-Alternativen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Doch bevor ich dir zeige, woraus die verschiedenen Süßungsmittel bestehen, machen wir doch vorab einmal eine mini-kleine Chemiestunde (keine Angst, es wird nicht schlimm und auch nicht hochkompliziert 😉):
Was bei uns umgangssprachlich einfach Haushaltszucker, Kristallzucker oder weißer Zucker heißt, ist chemisch gesehen „Saccharose“. Saccharose wird von Pflanzen gebildet und zwar mittels der sogenannten Photosynthese. Die Stars unter den zuckerbildenden Pflanzen sind das Zuckerrohr und die Zuckerrübe. Aus diesen beiden wird unser weißer Zucker hergestellt (es handelt sich also Rohrzucker bzw. Rübenzucker). Saccharose ist ein sogenannter Zweifachzucker, d.h. er besteht aus zwei Molekülen. Und zwar aus einem Molekül Glucose (Traubenzucker) und einem Molekül Fructose (Fruchtzucker). Wenn du Saccharose verdaust, teilt ein Enzym den Zweifachzucker in der Mitte durch – folglich gelangt zu gleichen Teilen Traubenzucker und Fruchtzucker in deinen Organismus. Die reine Saccharose aus weißem Zucker liefert schnelle Energie (4,1 kcal pro Gramm), aber keinerlei weitere Nährstoffe.
Wie sieht es nun im Vergleich mit anderen Süßungsmitteln aus? Hier eine Übersicht:
Brauner Zucker
… ist im Prinzip das Gleiche wie weißer Zucker. Es wurde nur auf den letzten Schritt bei der Raffination, die Reinigung, verzichtet. Deshalb klebt noch ein bisschen brauner Sirup an den Zuckerkristallen. Gesundheitlich bringt dies keinerlei Vorteile und auch der Kaloriengehalt ist der Gleiche wie bei weißem Zucker. Einzig der Geschmack ist anders: etwas malzig und leicht karamellig.
Honig
… entsteht, in dem Bienen Nektar oder Honigtau aus verschiedenen Pflanzen saugen, mit körpereigenen Stoffen anreichern und in Waben reifen lassen. Die Säuren, Enzyme und Eiweiße aus den Bienen zerlegen einen Teil der Saccharose aus dem Nektar. Deshalb ist Honig ein Zuckergemisch aus Glucose, Fructose, Saccharose und auch einigen Dreifachzuckern. Je flüssiger ein Honig ist, desto mehr Fruchtzucker enthält er und desto süßer schmeckt er. Honige, die viel Traubenzucker enthalten, kristallisieren dagegen. Weil Honig 15-18% Wasser enthält, hat er weniger Kalorien als normaler Zucker – nämlich ca. 3 kcal/g. Honig enthält nur kleinste Mengen an Mineralstoffen. Was den Honig ernährungsphysiologisch wertvoller als Zucker macht, sind v.a. die Bienenstoffe. Durch diese Stoffe wirkt Honig leicht antibakteriell und entzündungshemmend. Kaltgeschleuderter Honig ist ein echtes Naturprodukt!
Agavendicksaft
… kommt überwiegend aus Mexiko. Die dort wachsenden Agaven werden „angezapft“ und der aus ihnen herausfließende Sirup aufgefangen. Da der frische Sirup schnell verdirbt, wird er gefiltert und erhitzt, um ihn haltbarer zu machen. Agavendicksaft besteht aus einer Mischung aus Fructose und Glucose. Gesundheitlich problematisch ist dabei, dass sehr viel mehr freier Fruchtzucker als Traubenzucker enthalten ist (Verhältnis 7:1 bis 9:1 !!!). Fruchtzucker kann zu Unverträglichkeiten führen und wird (wenn er im Körper nicht sofort als Energiespender verbraucht wird) in der Leber gespeichert und zu Fett umgebaut. Bei hohem Konsum kann auf diese Weise die sogenannte Nicht-Alkoholische-Fettleber entstehen. Das ist eine sehr ernst zu nehmende Erkrankung. Da Agavendicksaft von weit her importiert werden muss, ist er zudem kein ökologisch sinnvolles Produkt.
Ahornsirup
… ist der eingedickte Saft des Zuckerahorns. Diese Bäume wachsen traditionell in Kanada, immer mehr aber auch in China. Somit hat importierter Ahornsirup ebenfalls eine eher ungünstige Ökobilanz. Weil Ahornsirup etwa 45% Wasser enthält, ist er im Vergleich zu Zucker kalorienärmer (ca. 2,6 kcal/g), süßt aber auch weniger. Ahornsirup besteht aus zu zwei Dritteln aus Saccharose und einem Drittel aus Fruktose – was ihn nicht ganz so ungesund wie Agavendicksaft macht, aber auch nicht wahnsinnig viel besser.
Dattelmus
Datteln sind extrem zuckerhaltige Früchte, deshalb kann man aus getrockneten Datteln ein sehr süßes Mus zubereiten. Der Zucker in Datteln besteht je zur Hälfte aus Fruktose und Glukose. Was für Mus aus ganzen Datteln spricht, sind die enthaltenen Ballaststoffe, Mineralstoffe und Vitamine. Die Früchte kommen allerdings hauptsächlich aus Nordafrika. In manchen Ländern dort wird massiv mit Pflanzenschutzmitteln gespritzt. Bei Datteln bzw. Dattelmus also immer Bio-Ware kaufen!
Kokosblütenzucker
… ist sicherlich der teuerste Zucker, der derzeit bei uns auf dem Markt ist. Er kommt aus Asien. Hier werden die Blütenknospen der Kokospalmen angeschnitten und der Kokosblütensaft aufgefangen. Dieser Nektar wird aufgekocht und eingedickt, um die Kokosblütenzuckerkristalle zu gewinnen. Diese werden dann getrocknet und gesiebt. Angeblich lässt Kokosblütenzucker den Blutzuckerspiegel nicht so stark ansteigen wie normaler Zucker (Werbeaussage!) – mir persönlich ist allerdings keine einzige Studie bekannt, die das belegt. Insgesamt findet man zu Kokosblütenzucker derzeit sowieso nur Marketingtexte, so dass ich hier keine verlässliche Aussage zur Nährstoffzusammensetzung machen kann. Ökologisch gesehen, ist dieser Zucker aufgrund des weiten Transportweges ein eher bedenkliches Produkt.
Xucker (Birkenzucker)
… scheint der neue Star am Zuckeralternativenhimmel zu sein. Dabei ist er eigentlich ein alter Bekannter: Xucker ist nichts anders als Xylit (das ist das Zeug, welches in zahnfreundlichen Kaugummis drin ist). Xylit ist ein Zuckeralkohol und damit ein sogenannter Zuckeraustauschstoff. Früher wurde Xylit tatsächlich aus Birkensirup gewonnen, heute wird es jedoch meist synthetisch im Labor hergestellt. Und zwar aus stärkehaltigen Substraten (Mais, Kleie, Stroh) mit Hilfe gentechnisch veränderter Hefen. Xucker rieselt ähnlich schön wie weißer Haushaltszucker, hat aber rund 40% weniger Kalorien. Bei hohem Konsum wirkt er abführend und auch blähend.
Stevia
… ist ebenfalls in den letzten Jahren schwer in Mode gekommen. Das Steviaglykosid, welches in den Blättern der Stevia-Pflanze vorkommt, ist 300-mal süßer als Zucker und hat keine Kalorien. Die Pflanze wächst ursprünglich in Südamerika, inzwischen aber auch in südeuropäischen Ländern. Allerdings müssen die Stevia-Blätter ziemlich lange im Labor malträtiert werden, bis jenes Produkt entstanden ist, welches man bei uns kaufen kann. Nix Naturprodukt also… Der Geschmack ist eigenwillig und da Stevia im Vergleich zu Zucker ein sehr viel geringeres Volumen hat, ist die Verwendung in der Küche gewöhnungsbedürftig.
Süßstoffe
Saccharin, Cyclamat, Aspartam, Acesulfam-K und Thaumatin heißen die gängigen Süßstoffe. Sie sind allesamt Produkte aus dem Chemielabor und haben mit natürlicher Süße rein gar nichts zu tun. Alle Süßstoffe haben eine Zulassung als Zusatzstoff, obwohl ihnen zum Teil kontroverse Diskussionen bzgl. möglicher Krebsrisiken voraus gingen. Ihr Vorteil ist, das sie keine Kalorien haben und die Zähne nicht angreifen. Aufgrund ihrer immensen Süßkraft müssen sie vorsichtig dosiert werden.
Zuckeraustauschstoffe
… gehören chemisch gesehen vorrangig in die Stoffklasse der sogenannten „Zuckeralkohole“. Ihr Vorteil ist, dass sie verstoffwechselt werden können, ohne dass der Körper dabei das Hormon Insulin ausschütten muss (was u.a. günstig für Diabetiker ist). Zuckeraustauschstoffe werden chemisch aus Stärke bzw. Zuckerverbindungen hergestellt. Sie sind (genau wie Süßstoffe) Lebensmittel-Zusatzstoffe und damit zulassungspflichtig. Beispiele sind: Sorbit (E 420), Isomalt (E 953), Maltit (E 965), Erythrit (E 968) und auch Xylit (s.o., E 967). Der Energiegehalt von Zuckeraustauschstoffen ist niedriger als von Zucker (ca. 2,4 kcal/g), obwohl die Süßkraft in etwa gleich ist. Zuckeraustauschstoffe werden langsamer resorbiert als Zucker und binden im Darm Wasser. Dadurch wirken sie in größeren Mengen abführend.
Rohrohrzucker (nicht zu verwechseln mit einfachem Rohrzucker!)
… ist geklärter und eingedickter Zuckerrohrsaft. Dieser wird mit Starterkristallen geimpft und nach dem Auskristallisieren mit Wasser gewaschen und zentrifugiert. Rohrohrzucker hat eine leicht hellbraune Farbe, weil er noch geringe Anteile an Mineralstoffen und Melasse enthält. Er besteht aus Saccharose, ist jedoch im Vergleich mit Kristallzucker das natürlichere Produkt, da er nicht raffiniert wird.
Vollrohrzucker
… ist eine unraffinierte Zuckersorte und damit im Vergleich der natürlichste braune Zucker. Zu Herstellung wird Zuckerrohr ausgepresst, der Saft gefiltert und zu Sirup eingekocht. Die Kristalle, die sich beim Abkühlen bilden, werden anschließend gemahlen. Vollrohrzucker enthält alle Inhaltsstoffe des Zuckerrohrssaftes. Der Zucker ist dunkelbraun und nicht ganz so rieselig wie Kristallzucker. Er besteht zu 95% aus Saccharose und schmeckt, durch den hohen Melasseanteil, leicht nach Karamell und Lakritz.
Du siehst also: es gibt himmelweite Unterschiede zwischen den verschiedenen Zuckersorten. Wie soll man sich da jetzt entscheiden? Generell würde ich sagen, das Ganze ist Geschmackssache, eine Frage der Ernährungsweise, des ökologischen Gewissens und natürlich auch eine Frage des Geldbeutels.
Wenn du mich fragst, welche Zuckersorten ich benutze…
dann lautet meine Antwort: Vollrohrzucker, Rohrohrzucker und kaltgeschleuderten Honig, ab und zu auch Bio-Dattelmus. Warum gerade diese vier? Zum Einen, weil sie in meinen Augen die natürlichsten Zucker-Produkte sind. Ich möchte keine Chemie in meinem Essen. Zum Anderen, weil ich nichts davon halte, Zucker tausende Kilometer um die Welt zu fliegen, wenn wir diesen auch bei uns herstellen können. Und ich halte freie Fructose für gesundheitlich äußerst problematisch, so dass ich Produkte, die mehr Saccharose und Glucose enthalten, bevorzuge.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass alle pflanzlichen Dicksäfte, Sirupe und unraffinierten Zuckersorten neben dem reinen Zucker auch einige Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und z.T. auch Vitamine enthalten. Wenn du allerdings deinen Bedarf an diesen Stoffen über Süßungsmittel decken musst, da machst du etwas falsch in deiner sonstigen Ernährung…
Denn am Ende gilt: wirklich gesund ist kein einziges Süßungsmittel. Deshalb dosiere alle immer sparsam! Und decke deinen Vitalstoffbedarf besser über andere Lebensmittel 😉😉😉
4 Comments
Küchentalk mit Sänger und Vocalcoach Gerrit Winter - good food blog
27. Januar 2018 at 10:00[…] oder Agavendicksaft zu nutzen (Anmerkung von Alexa: Letzteren lässt er jetzt aber weg, nachdem er meinen Blogpost über Zuckeralternativen gelesen hat). Nur gute Kohlenhydrate wie Reis, Haferflocken und Kartoffeln […]
Kathrin
27. Januar 2018 at 21:44Super Artikel, Danke Alexa
Sarah
9. November 2022 at 18:36Hallo liebe Alexa,
es ist ja ganz erstaunlich, wie viele Rezepte als “zuckerfrei” deklariert sind, aber Dinge wie Agavendicksaft oder Kokosblütenzucker enthalten. Ich hab das selbst auch lange nicht durchschaut. Mittlerweile weiß ich Bescheid, aber durch deinen Artikel habe ich gerade hinsichtlich der chemischen Aspekte nochmal viel dazugelernt. Danke dafür! 😊
Liebe Grüße
Sarah
Dr. Alexa Iwan
10. November 2022 at 12:35Sehr gerne!Und ich bin ganz bei dir: ärgere ich auch immer über die irreführenden “zuckerfrei”-Deklarierungen. Liebe Grüße, Alexa